Der "Bauchautor" Claudius Taubert
- claudiustaubert
- 14. Sept.
- 2 Min. Lesezeit
Kleine Missgeschicke oder Fehler bereichern Texte ungemein. Im am Ende dieses Blogeintrags aufrufbaren Zeitungsartikel wurde ich beispielsweise versehentlich zum „Bauchautor“ gekürt. Das setzt eine Fülle an interpretatorischen Möglichkeiten frei. Heißt das, ich bin ein intuitiver Schreiber, der sich eher vom spontan einschießenden Impuls leiten lässt? Oder sind Bäuche für mich ein selbstreflexiv zu bearbeitendes Thema, spätestens, seit auch mein leiblicher Äquator seine Kreise etwas weiter spannt als noch vor Jahren? Spielt es darauf an, dass ich mit Merleau-Ponty davon ausgehe, dass unsere leibliche Welterfahrung (einschließlich der Nahrungsaufnahme) ein besonders direkter und wesentlicher Weltbezug ist? Nutze ich Bäuche vorzugsweise als Schreibunterlage beim Verfassen neuer Texte? Und sind diese dann eher konkav oder konvex?
Aus jedem Unfug lässt sich ein bisschen kreativer Wahnsinn generieren. Dazu noch ein Beispiel: Vor einigen Tagen versteckte sich hinter der Tür zum Klassenraum ein Schüler der 9. Klasse und hielt sich ein grünes Kehrblech und einen Handfeger vor das Gesicht. Ich weiß nicht, ob das eine Reminiszenz an kindliches Versteckspiel sein sollte („Wenn ich dich nicht sehe ...“) oder ob er nur einem Bauchimpuls gefolgt war. Ich stellte ihn jedenfalls daraufhin als lebendige Skulptur auf einen Sockel (genau genommen war es ein Cajon) und forderte die Klasse auf, das Kunstwerk zu interpretieren.
Hier zwei Gedankenketten, die aus der Kehrschaufel-Installation resultierten:
1. Grün ist die Hoffnung. Die blinde Kehrschaufel nahm dem Schüler die Sicht. Gibt es blinde Hoffnung? Man denke nur an Youtuber, die nach 10 Jahren trotz einstelliger Abonnentenzahl immer noch an ihren Durchbruch glauben. Ja, es gibt blinde Hoffnung
2. Der Beruf der Reinigungskraft ist gesellschaftsrelevant und körperlich herausfordernd. Dennoch wird ihm oft nicht der nötige Respekt gezollt. Die Pose der Skulptur symbolisiert die falsche Scham, die auch für manche Reinigungskräfte mit ihrer vermeintlich niedrigen Tätigkeit einhergeht.
Am Ende eines intentionslosen Unfugs stehen nun plötzlich zwei durchaus brauchbare Gedanken. Man muss eben noch spontan auf die Irritationen reagieren, die einem das Leben vor die Füße wirft.
Ich weiß nicht, ob ich Bauchautor bin, aber Bauchpädagoge trifft vermutlich zu.





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